Moin, moin, was ist das Beste am Norden? Na der Wind – zumindest wenn er schiebt. Wind und wirklich gute Luft empfängt uns schon am Freitag, als wir fünf Märker aus der Bahn aussteigen in Otterndorf, einer feinen niedersächsischen Kleinstadt an der Elbmündung nahe Cuxhaven. Am anderen Ende des Ortes dann das Einchecken in der Jugendherberge: nicht zu schick und nicht zu hektisch, sondern mit lockerer, überaus freundlicher und fast familiärer Atmosphäre zum Wohlfühlen.
Gleich am Ostersamstag in aller Frühe wollen wir starten, allerdings vom Bremerhavener Ruderverein 1889 aus. Dorthin geht’s nicht etwa wie geplant mit dem Taxi, sondern mit dem kleinen Vereinsbus vom Otterndorfer TSV. Der liebenswürdige Ruderkamerad Karl-Heinz S. kutschiert uns freundlicherweise hin und verrät uns nebenbei etliche Insider-Tipps und interessante Histörchen.
Eine weitere angenehme Überraschung: Das Boot-Verladen und -Vertauen bleibt uns erspart. Der Kahn ‘Mobby Dick’ (eine moderne Frigga-Ausführung) wartet bereits vor Ort auf uns. Nur noch flott aufriggern – und los geht’s auf dem Flüsschen ‘Geeste’. Genug Wind bläst ja und vertreibt hoffentlich die aufziehenden Regenwolken.
Besondere Herausforderung: so schnell wie möglich den Schleusenwärter anrufen, damit wir (als einzigstes Boot) noch rechtzeitig geschleust werden. Durch den Einfluss der Nordsee mit ihren Gezeiten sind Schleusungen in diesem Bereich nur zu bestimmten Zeiten erlaubt, um große Hubhöhen zu vermeiden. Und jetzt um 10 Uhr hat bereits die Niedrigwassertide begonnen. Äußerste Eile ist geboten, oh, oh, aber wir scheinen in einem Funkloch zu sitzen!? Unser Adrenalinspiegel steigt. Die starken Windböen drohen uns immer wieder auf die schlickigen Uferböschungen zu treiben oder gefährlich dicht an das Wehr heran! Endlich erreicht Detlef den Verantwortlichen per Handy und wir können die Schleuse passieren.
Ehrlich, welch öde Ruderstrecke! Doch die Route hat es auf andere Art in sich. Wir haben mit Wind zu kämpfen und mit Wellen. Nicht selten schlagen sie bis zu den Auslegern hoch. Kein Anlanden möglich, zugleich regnerisch und kühl. Nicht mal ein Blick nach rechts oder links ins Land hinein ist uns vergönnt, denn der Bederkesa-Geeste-Kanal, auf dem wir inzwischen rudern, liegt ein bis zwei Meter unter dem NHN.
Und da taucht auch schon die zweite Schleuse vor uns auf, diesmal in Eigenregie zu tätigen. Katrin klettert extra hoch auf die Kaimauer und verliest die Bedienungsanleitung, die uns auffordert, per Automat 8,00 € zu berappen. Ok. Das Signallämpchen glimmt auf, doch weiter tut sich nichts! Des Rätsels Lösung: Die Vorgänger haben vergessen, das rückwärtige Schleusentor zu schließen. Darauf musst du erst mal kommen!
Nach 25 km endlich kommen wir erschöpft und mehr oder weniger durchgekühlt in Bad Brederkesa (Aussprache: Betonung auf der 3. Silbe) an. Dieser merkwürdige Name geht auf ein uraltes Rittergeschlecht aus dem 14.Jhdt. zurück, deren kleine, aber stattliche Wasserburg übrigens sehr gut erhalten und zu besichtigen ist.
Inzwischen lacht nicht nur die Sonne vom Himmel, sondern auch wir, schließlich ist das heutige Etappenziel ja glücklich und zufrieden erreicht. So machen wir es uns in dem inzwischen eingetroffenen Bus bequem und fahren zurück nach Otterndorf. Zur Krönung des Tages gönnen wir uns nach einer ausführlichen Erholungsphase nicht nur eine gepflegte Mahlzeit im Ratskeller sondern genießen auch das imposante Städtchen Otterndorf mit seinen historischen Fachwerkhäusern im Altstadtzentrum.
Passend zur längeren Ruderstrecke von Bederkesa aus nach Otterndorf ist am Ostersonntag strahlendes Sonnenwetter mit erheblich weniger Wind. Diesmal geht es auf dem schnurgeraden Hadelner Kanal entlang in Richtung Norden. Dieser Kanal ist mit seinen 32 Kilometern zum einen die Binnenschiffahrtsverbindung zwischen der Weser- und der Elbemündung, zum anderen dient er mit seinen sehr zahlreichen Seitenwehren zur Entwässerung des Hinterlandes. Was wohl den wenigsten bekannt ist: Hier findet im Mai jeden Jahres eine Ruderregatta für über 1000 Teilnehmer statt. Welch ein logistischer Aufwand vom Otterndorfer Verein ist dafür erforderlich!
So, bei Kilometertafel 2 in Otterndorf ist endlich unser Endziel nach insgesamt 58 Kilometern erreicht. Auf uns alle trifft sicherlich die Schlussfolgerung zu: Lange werden wir noch in schönen Erinnerungen schwelgen und an diese gelungene Rudertour zurückdenken. Ein Danke an die Hilfsbereitschaft und den Einsatz der Otterndorfer Ruderabteilung. Und ein großes DANKESCHÖN an Dich, Detlef, für die Organisation und Ausarbeitungen ‘vons Janze’. Last but not least nicht zu vergessen: die ausreichenden Neuwasserlagen, üppigen Zwischenmahlzeiten, lustigen Spieleabenden, netten Kontakte in dieser doch unerwartet attraktiven Gegend und unsere gute Laune trugen ihren Anteil dazu bei.