World Rowing Tour 2025

Bei einer Tagung des Deutschen Ruderverbandes im Februar 2023 saß ich zufällig neben Thomas Haarhoff, damals noch den Landesruderverband (LRV) Schleswig-Holstein vertretend. Kurz vor Ende der Veranstaltung schob er mir ein Blatt Papier mit der ganz groben Idee für eine Wanderfahrt zu. „Hättest du da Lust drauf? Du kennst dich doch in Berlin gut aus.“ sagte er. Ich überflog den Text mit dem Kommentar „Ich schlaf `ne Nacht drüber.“ FISA-Wanderfahrt stand als Überschrift. Ich hatte schon davon gehört, dass es diese Fahrt gibt. Die erste Fahrt fand wohl 1971 statt, von Manfred Ganzer organisiert. 1992 war Berlin schon einmal Gastgeber, zum 100. Geburtstag der FISA (Weltruderverband). Ein Foto davon hängt im Schleusenwärterhaus der Mühlendammschleuse. Kanada, Zypern, Australien, Malta u.a. Länder waren schon Gastgeber.

Mein Interesse war auf jeden Fall geweckt. Immerhin habe ich schon viele Wanderfahrten selbst organisiert, aber in kleinerem Rahmen. So fiel dann auch meine morgendliche Antwort positiv aus. Was dann bis zum 25. Mai 2025 folgte war ein reger Austausch zu den obligatorischen Themen einer Wanderfahrt: Strecke, Boote, Transport, Versicherung, Übernachtungen, Verpflegung, Kosten und und und. Betreutes Rudern auf hohem Niveau. Die Bausteine waren schnell verteilt. Wir hatten ja noch ausreichend Zeit.

Anfangs nutzten wir gemeinsame Tagungen um uns abzusprechen. Ab Sommer 2024 kamen Vorbereitungstreffen im „Wilden Fräulein“ und im LRV Berlin dazu. Hotels und Boote wurden ein Jahr im Voraus angefragt. Ich organisierte Kirchboote, Lagerungsmöglichkeiten, Verpflegung in den Vereinen, Begleitboote, Thomas kümmerte sich um Hotels, Streckenplanung, Transportmöglichkeiten, Versicherung und sonstige Dinge.

Er erstellte Tabellen von allen notwendigen organisatorischen Details. Wir freuten uns sehr, dass die komplette Buchhaltung über die LRV-Geschäftsstelle abgewickelt werden konnte. Ein riesiger Baustein, der nicht auf unseren Schultern lag! Vielen Dank dafür! Thomas hielt den Kontakt zu den Teilnehmern, ich zu den Berliner Vereinen. Und dann verging die Zeit doch wieder viel zu schnell bis die World Rowing Tour beginnen sollte. 50 Teilnehmer aus 12 Nationen von 3 Kontinenten hatten sich angemeldet.

Samstag, 24. Mai: Wir fahren die beiden Friesen-Kirchboote über Land zum Wassersportzentrum Friedrichshagen. Hier werden die Boote gekrant und dann mit einem Minimalismus an Personal zum Friedrichshagener Ruderverein und zum BRC Ägir gerudert und zwischen den Stegen diagonal vertäut.

Sonntag, 25. Mai: Wir holen das Tegelorter Kirchboot ab und bringen es über Land zum Bootshaus der TiB-Oberspree. Hier wird es zu Wasser gebracht und anschließend ebenfalls nach Friedrichshagen gerudert. Als wir mit dem Bootstransport ankommen ist das TiB-Kirchboot bereits auf dem Weg zum FRV. Die Zahl der Helfer ist heute deutlich höher als am Samstag. Gut so!

Den Trailer bringen wir zurück nach Tegelort, anschließend geht es direkt zum Airport Hotel Adlershof. Hier treffen die ersten Teilnehmer ein. Jeder bekommt das Programmheft, ein T-Shirt und eine Rettungsweste. 19 Uhr – Eröffnungsabend bei der RG Wiking. Bevor die Gäste und die Teilnehmer ankommen, dekorieren wir den Saal. Letzte Absprachen mit der Gastronomie. Alles wird gut, der Auftakt muss gelingen. Und das tut er! Kurze Reden, ein tolles Salatbuffet, ein Live-Cooking-Act auf der Wiking-Terrasse und eine Soft-Eis-Maschine stimmen uns auf eine schöne Woche ein.

Montag, 26. Mai: Der Tag beginnt früh, für uns als Orga-Team noch früher. Das wird sich auch in den nächsten Tagen nicht ändern. Es dauert gefühlt ewig, bis alle Rollsitze belegt sind. Die Steuerleute sind festgelegt. Von Friedrichshagen geht es über Müggelsee, Dämeritzsee, Gosener Kanal und Seddinsee zum ESV Schmöckwitz. Hier gibt es verschiedene Suppen aus einer Gulaschkanone. Die Soljanka (Russian Army Soup) kommt gut an.

Weiter geht es zur Regattastrecke. Dort besichtigen wir das Wassersportmuseum. Thomas überreicht dem Museum eine schwere Platte, die die DRUM (Deutsche Ruderunion Marathon) von 1988 bis 2013 für das 24-h-Rudern als Dauerpreis stiftete. Ziel des Tages ist die Treptower RG. Hier dürfen wir mit Sondergenehmigung zwei der Kirchboote an den Stegen der WSP-Wache Ost über Nacht liegen lassen. Die anderen beiden Boote bleiben am TRG-Steg. Die TRG-Jugend grillt für uns und wir können den ersten Tag auf dem Bootsplatz ausklingen lassen.

Dienstag, 27. Mai: Hotelwechsel. Pünktlich um 9 Uhr begrüßt uns der Wasserschutz bei der TRG. Wir dürfen durch die Mühlendammschleuse mit Begleitung der WSP. Ein Highlight für alle. Am Hauptbahnhof biegen wir in den Humboldthafen ab. Thomas erklärt dort freudig seiner Mannschaft, welche Bedeutung das „Wilde Fräulein“ für diese Fahrt hat. Im Nordhafen erwartet uns ein tolles Fingerfood-Buffet. Die Truppe ist begeistert. Weiter geht es über die Schleuse Plötzensee zum Hohenzollernkanal. Heutiges Ziel: Märkischer Wassersport und B.R. Phönix. Wir werden mit Kaffee und Kuchen sowie Brezeln und Gezapftem begrüßt. Abends gibt es einen Rundgang im LRV, ein tolles Buffet und einen Verdauungsspaziergang zum Holiday Inn Hotel im Rohrdamm. Das Orga-Team übernachtet im LRV.

Mittwoch, 28. Mai: Schietwetter ist angesagt! Gewitterwarnung! Wir sind flexibel und ändern das Programm. Anstatt nach Hennigsdorf warten wir den Regen ab. Dann wird die Tegeler See-Runde gerudert, mit einem Abstecher in den Borsighafen. Hier sollte die heutige Etappe eigentlich enden. Nun denn. Es geht zurück nach Haselhorst. Als das letzte Boot vertäut war, zeigte uns das Wetter, dass die Vorhersage stimmte. Alles richtig gemacht! Der Landdienst hat inzwischen das Mittagessen vom Stadthafen Hennigsdorf abgeholt und im Phönix-Backofen aufgewärmt: verschiedene Salate, Backfisch, Pommes und Currywurst mit einer exzellenten Soße. Der Transport – `ne echte Zumutung: Das frisch zubereitete Essen verbreitet seinen Duft im ganzen Auto, aber du kommst nicht ran! An dieser Stelle geht ein besonderer Dank an den B.R. Phönix, der uns spontan Küche und Clubraum zur Verfügung stellte.

Donnerstag, 29. Mai: Himmelfahrt. Es geht durch die Schleuse Spandau zur Sternfahrt bei der RU Arkana. Vor der Schleuse müssen wir warten und bei Arkona wartet man auf uns. Wir sind angekündigt. Nach dem Schleusen legen wir bei den Friesen und beim Märker-Bootshaus an. Uwe (Aufsicht an diesem Tag) fragt besorgt: „Wollen die jetzt alle hier `nen Bier trinken?“ „Keine Sorge, nur ins Pipi-Kaka-Land und mal meinen Verein zeigen“, antworte ich. Unsere gut gepflegten Klinkerboote sind ein echter Hingucker und begeistern. Doch wir müssen weiter und legen ab. Die Kirchboote sammeln sich in der Scharfen Lanke und stellen die Riemen zur Begrüßung auf. Wir bekommen Applaus und eine Lautsprecher-Begrüßung. Es dauert eine Weile bis alle ausgestiegen sind und die Sternfahrt-Atmosphäre genießen. Das obligatorische „Aloha Heja He“ wird von unseren Gästen genau beobachtet. Irgendwann legen wir wieder ab. Vielen Dank an die RU Arkona für die absolut unkomplizierte Abrechnung! Wir rudern weiter Havel abwärts bis zum RV Collegia 1895. Die Boote „übernachten“ ein paar Meter weiter an den Stegen beim Wassersportheim Gatow.

Freitag, 30. Mai: Hotelwechsel. Das bedeutete auch für das Orga-Team im LRV Klamotten packen. Vormittags ist Kultur angesagt. Mit dem Bus werden wir zum Bundestag gebracht, während Thomas das Gepäck zum Mercure Hotel in Potsdam fährt. Die Kuppel ist beinduckend, der Blick über die Stadt gigantisch. (Warum war ich eigentlich noch nie hier oben?) Ich hoffe, dass alle pünktlich am Bus sind. Sie sind es! Der Bus fährt uns direkt zum RV Collegia. Noch im Bus bestelle ich Pizza in einem Ristorante in Gatow. (Hier war ich vor ein paar Wochen mit meinem Mann Probeessen. Nichts wird dem Zufall überlassen!) Die Collegia-Jugend hilft beim Pizza-Transport. Was für ein irrer Anblick: eine Tischtennisplatte voller Pizzen! Nach dem Schmaus rudern wir Richtung Breitehorn, weiter geht es innen an Imchen vorbei und um die Pfaueninsel herum. In Höhe des Schlosses gibt es den Versuch eines Kirchboote-Gruppenfotos. Der Wind ist dagegen. Wir rudern Richtung Wannsee. Die Wellen sind für die Kirchboote kein Problem. Am Berliner Ruderclub legen wir an. Zwei Boote bleiben hier am Steg als Päckchen liegen, zwei werden unterbesetzt zum BRC Welle-Poseidon gerudert und „übernachten“ dort. Unsere Gäste genießen den Blick von der BRC-Terrasse auf den Kleinen Wannsee bei kühlen Getränken bis der Bus sie nach Potsdam bringt. In Potsdam gehen abends alle eigene Wege in verschiedene Restaurants.

Samstag, 31. Mai: Letzter Rudertag. Beim BRC ist Samstag Hochbetrieb. Ständig legen Boote ab und an. Irgendwie finden die Kirchboote nach und nach eine Lücke. Wir rudern über die südliche Seenkette Richtung Schloss Babelsberg. Die Villen stehen imposant am Ufer. Welche war noch einmal die Villa, in der Winston Churchill während des Potsdamer Abkommens wohnte? Hinter der Glienicker Brücke machen wir eine kurze Pause. Wir genießen das historische Ambiente bevor wir zur Sacrower Heilandskirche weiter rudern. Die Kirche steht seit 1992 als Weltkulturerbe unter dem Schutz der UNESCO. Weiter geht es zur Meierei Potsdam, um einen Blick auf die Muschelgrotte im Neuen Garten und Schloss Cecilienhof zu werfen. Vorbei an Kongsnæs, der Kaiserliche Matrosenstation, rudern wir zum Langen See, weiter durch die Alte Fahrt und in die Neustädter Havelbucht. Potsdam ist immer wieder beeindruckend! Unsere Fahrt endet bei der Potsdamer Rudergesellschaft. Sektempfang im Seekrug. Nur noch selten kommt man in diesen schönen Saal hinein. Ulrike Hartmann, Präsidentin des Landesruderverbandes Brandenburg, begrüßt die Teilnehmer der Wanderfahrt. Ruderer von TiB-Oberspree und vom BRK Brandenburgia mischen sich unter uns. rudern das TiB-Kirchboot nach Hause. Abends findet beim Berliner Ruderclub das Farewell-Dinner statt. Was für ein toller Abend! Die einzelnen Nationen bedanken sich für die schöne Woche. Es tut gut und ich merke, wie die Anspannung der letzten Tage verschwindet.

Sonntag, 1. Juni: Die Fahrt ist offiziell beendet. Die Teilnehmer fahren oder fliegen nach Hause. Wir vom Orga-Team treffen uns mit Ruderern aus verschiedenen Vereinen am Seekrug und rudern (leider unterbesetzt) die verbliebenen drei Kirchboote nach Spandau bzw. Tegelort.

Was für eine Woche!!! Vielen Dank allen Helfern, ohne die eine solche Veranstaltung nicht möglich gewesen wäre. Kirchboote, Begleitboote, Verpflegung, Bootslagerung … und nicht zuletzt die Ruderer, die beim Transport der Boote halfen. Vielen Dank den Spandauer Friesen für das Steuerpersonal und die kleinen Köstlichkeiten beim Boote säubern sowie Heinz und Toni vom RC Tegelort für ihre Geduld am 1. Juni. Ein besonderer Dank geht an Nicole, Norbert, Eberhard und Helmut vom Helfer-Team, Hans und Detlef für die MoBo-Begleitung sowie Axel und Christian von der LRV-Geschäftsstelle für die Unterstützung. Herzlichen Dank an Thomas Haarhoff, durch den ich die Möglichkeit hatte, an der World Rowing Tour mitzuwirken. Vielen Dank für die tolle Erfahrung! Herzlichen Dank auch an meinen Häuptling, der als Joker für alle Eventualitäten bereitstand und mir quasi immer den Rücken freihielt!

Angela H.